Nicht nur für den Existenzgründer gibt es eine ganze Reihe von Problemen mit der Umsatzsteuer. Auch bestehende Unternehmen müssen sich immer mehr mit Neuerungen und Urteilen befassen. Anbei erhalten Sie einen kurzen Überblick:
Kleinunternehmer – Vorteile und Nachteile
Kleinunternehmer sind Unternehmer (im Sinne des Umsatzsteuergesetzes) mit Jahresumsätzen von bis zu 17.500€. Die Umsätze bleiben im Rahmen der Kleinunternehmerregelung steuerfrei, wenn der Unternehmer nicht zur Steuerpflicht optiert. Es kann sich z.B. rentieren, auf die Steuerfreiheit zu verzichten und Vorsteuerabzug aus Anschaffungen zu erhalten. Zum Beispiel beim Betrieb von Photovoltaikanlagen wird in der Regel immer auf die Steuerfreiheit verzichtet und die Umsatzsteuer (Vorsteuer) aus der Anlagenrechnung geltend gemacht.Verzicht auf die Umsatzsteuerfreiheit bei Vermietungen an andere (umsatzsteuerpflichtige) Mieter
Auch hier ist es in der Regel sinnvoll, auf die Steuerfreiheit zu verzichten und die Umsatzteuer (Vorsteuer) aus Baukosten für gewerbliche Gebäude, die an Unternehmer, die selbst umsatzsteuerpflichtige Umsätze ausführen, zu erhalten.
Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei Bauleistungen (§ 13b Umsatzsteuergesetz)
ab 01.10.2014 (01.01.2015*) neu geregelt – wir beantragen für Sie die neue Nachhaltigkeitsbescheinigung.
Dieser Paragraph gewinnt immer mehr an Bedeutung und führt in der Praxis zu erheblicher Brisanz. Werden Bauleistungen an Unternehmer, die selbst Bauleistungen erbringen, erbracht, schuldet der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer. Kommt es dabei zu einer fehlerhaften steuerlichen Beurteilung, sind die Folgen immens:
- wird fälschlicherweise bei Leistungen an einen Bauträger davon ausgegangen, dass der Bauträger später zur Erfüllung der Umsatzsteuerpflicht herangezogen werden, was in einem aktuellen Rechtsprechungsfall dazu geführt hat, dass zum Schluss auch die leistenden Handwerksunternehmern Insolvenz anmelden mussten!
- wird vom Leistenden Umsatzsteuer ausgewiesen und es liegt entgegen der Annahme der Beteiligten ein 13b-Fall vor, kann die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer geltend gemacht werden.
Ab 01.10.2014 ebenfalls neu geregelt: die Umkehr der Steuerschuldnerschaft bei der Lieferung von Tablets, Mobilfunkgeräte und Metallen.
Gerade bei der Lieferung von Metallen gibt es derzeit große Verunsicherung bei den voraussichtlich beteiligten Unternehmern.
Ein Beispiel aus der Praxis:
Würde ein EDV-Dienstleister (für sein Unternehmen) in einem Baumarkt oder Baufachhandel Draht oder andere Metallteile kaufen, müsste er sich an der Kasse als Unternehmer ausweisen und die Umsatzsteuer müsste wieder aus dem Endpreis herausgerechnet werden, da in diesem Fall der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer schuldet. Würde der Käufer die von § 13b betroffenen Artikel gemäß Preisauszeichnung (also inklusive der Umsatzsteuer) bezahlen, könnte er die Vorsteuer (Umsatzsteuer) nicht beim Finanzamt geltend machen.
Gemäß der Auskunft der Bundessteuerberaterkammer wird durch die Zustimmung des Gesetzgebers im Zollkodexanpassungsgesetz folgendes beschlossen:
- die bisherige Nichtbeanstandungsregelung wird verlängert auf den 30.06.2015
- es wird eine Bagatellgrenze von 5.000€ pro Lieferung eingeführt
- es werden verschiedene Endprodukte wie Aluminiumfensterbänke wieder aus dem
Anwendungsbereich von § 13b herausgenommen
Wir begrüßen diesen Entwurf, da die bisher in der Praxis feststellbaren Wirrungen immens waren. So haben 2 unterschiedliche Finanzämter von 2 unterschiedlichen Herstellern ein und dasselben Produkts unterschiedliche Auffassungen bzgl. § 13b vertreten.
Die Bagatellgrenze sorgt zudem für eine überschaubare Anwendung. Somit muss nicht bei jedem Artikel und bei jedem noch so kleinen Einkauf geprüft werden, ob der Käufer ein Unternehmer und der Artikel unter § 13b fällt.
- Soll- oder Istbesteuerung oder Mindest-Istbesteuerung?
Unter bestimmten Voraussetzungen (z.B. Jahresumsatz unter 500.000€) kann der Unternehmer die Istbesteuerung beim Finanzamt beantragen. Das bedeutet, dass die Umsatzsteuer erst im Zeitpunkt der Erhalt der Zahlung an das Finanzamt abzuführen ist. Müssen die Umsätze nach Sollbesteuerungsgrundsätzen versteuert werden, kann bei Anzahlungen die Istbesteuerung (Mindest-Istbesteuerung) angewendet werden.
- Rechnungsbestandteile als Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug:
seit dem Jahr 2004 wurden die diesbezüglichen Vorschriften massiv verschärft. Durch den Einsatz von Checklisten können Sie die Gefahren vermeiden.
- Umsatzsteuerliche Regelungen zur Rechnungsstellung:
– Voraussetzungen für elektronische Rechnungen
– zwingende Rechnungsstellung innerhalb von 6 Monaten nach Leistungserbringung
– besondere Rechnungsinhalte für Bauleistungen
- Ausfuhrlieferungen – die Gelangensbestätigung für EU-Umsätze:
Aauch diesbezüglich gibt es eine Reihe von Neuerungen und Problematiken.
In vielen Fällen ist eine individuelle Beratung zwingend geboten – ich helfe Ihnen gerne weiter.
Jörg Aulbach – Steuerberater